TEXTE

// ANLEITUNG FÜR EINE KRÄHE

MICH ZU GEBRAUCHEN


Wir sind uns beide gleich

Ewig kreisend um die Dinge

Kampfgenossen

Immer nach etwas greifend

Immer im Begriff einen Plan zu schmieden

Etwas aus zu denken

Du wartest wie ich

Auf mich

Jeder Tritt von mir ist deinem Auge Schlag in dein Gehirn

Feuernde Nervenzelle

Feuernde Nervenzelle

Feuernde Nervenzelle

Was kannst du was ich nicht kann

Dich erheben sobald du willst

Alles was du dafür tust ist dich nähren

Für die Hitze die du brauchst

Und ich der Esser der sitzenbleibt

Oder hier hängt ganz gleich

Mehr ist es nicht

Ich werde dir etwas sein sobald ich nicht mehr bin

Aus meinem Fleisch wirst du fliegen können

Tausend Mal mehr als ich tausend mal mehr Bilder

Ich war immer Boden doch nur die oberste Schicht

Wenn ich darf kann ich die Erde werden einmal

Waldwerden

Oder besser

Für immer im Meer einsam

Du bist die Lüfte und spähst nach mir

Danke

Die Stunden vergehen und du schaust

Zwischen uns der Mensch-Tier-Blick

Feuernde Nervenzelle

Du schwarzer Fleck in diesem ewigen Weiß

So bin ich verständlich für einen Augenblick

Ich gebe dir eine Anleitung mich zu

Gebrauchen

Wenn ich gefallen bin

Denn jetzt ists noch gar nichts mit mir

Auch du wirst warten müssen

Nichts von dem hab ich je gekonnt

Auch du wirst mit offenem Bauch daliegen

Die Krallen in den Abhang gestreckt

Der jetzt schon und immer da ist

Und dir wird es nichts bedeuten

Da muss ich noch schleunigst hinkommen

Aber geht das im Sitzen?

Du kannst es

Dastehen und das Nichts bestaunen

Wie ich nicht kann

Am Küchentisch sitzen und in den Abhang schaun

Für einen Moment

Nur

Schon fürchtend die Bilder die sicher kommen

Feuernde Nervenzellen

Die mich mit sich reißen in eine Bedeutung

Die nichts verheißt und nichts bedeutet

Nichts deuten kann

Das Nichts nicht deuten kann

Die Wörter in denen ich denke

Mich in ein Menschsein zwingend leider

Deine Gedanken sind wortlos sie bleiben nicht

Ich möchte auch einfach geradeaus schauen können

Ohne Sinn

Ohne Tod

Ohne Gestern

Mir fröstelt beim Wissen um das Morgen

Um ein Ich das es zusammenzuhalten gilt

Und du wartest auf mich

Nur dessen darf ich mir sicher sein

Auf meine letzten Minuten

Aber ohne Ungeduld

Ich wollte dir eine Anleitung geben

Mich zu gebrauchen

Hör zu Freundin

Du darfst

Dich bedienen an mir ein Schlachtfest

Ab dem Moment wo ich vorüber bin

Ich habe dir ein Versprechen gegeben

Steig in den Schlund mir und nähre dich

An meiner Zunge sie war mir so häufig

Verschwendung des Augenblicks

Sie ist gut und kräftig

An ihrem gestorbenen Übermut

Wirst du dich bestens befüllen können

Pick nicht aus mir die Augen denn

Sie wässern nach und dies das wär

Ein gar zu scheinheiliger Anblick

Dem Tode unverwandt

Zweitens grabe dich durch meinen Nabel

Das war der Ort mit meiner Mutter

Der Älteste

Hier trittst du ein in meine Geschichte

In meine Schichten nach und nach

Und kannst mich von nun an

Am Besten gebrauchen zerbrauchen

Eintritt ins Gedärm

In den Betonbauch

Der nun endlich abfließen kann

Durch dich in dich durch mich

Hier findest du dich zurecht

In der Verwirrung

Und hast zu tun auf eine Weile

Ich danke dir

Mein Darm durch deinen Darm zurück in den Wald

Mach meine Knochen blitzen in der Mittagssonne

Schlürf mein Herz das oft hat

Falsch gehofft zu schnell geschlagen für

Etwas das nachher

Nichts

War

Das kannt ich also schon

Aber da ist auch noch etwas von dem Andern

Das nehme dir zum Nachtisch das ist wohl

Das Schmeckenste das ich zu bieten hab

Und wenn du mir endlich den Schädel aufhackst

Hoff auf nichts von Wert ist alles kalt

Nichts feuert mehr

Keine innere Verfeuerung im Lebenswerk

Ganz zäh

Am Ende einfach Fleisch und Haut und Sehnen

Und unendlicher Gestank

Ausgedacht

Die Bilder los die Wörter wie verbrauchtes Öl

Hängenbleibend am Firmament verschwendet

Das braucht dich nicht zu kümmern

Du bist versorgt auf alle Zeit

Dass ich einmal jemanden sättigen darf

Ein Tier in mir das kriecht in meinem Brustkorb

So wie ich es mir immer gewünscht

Und enttäuscht erkennen musste das nichts weiter

In mir wohnt als dieses bisschen Angst

Das mich aufstehenessenscheißenmirindieHosegreifenschlafengehen macht

Kannst du wenigstens mit einem Knochenpaar von mir

Entfliegen

Entgegen einen fremden Ort

Oder ein Stückchen Fleisch von mir im Wald vergraben

Dass ich doch einmal über mich hinauskomm

Danke

Und zum Schluss

Wenn alles gebraucht ist

Wenn der Rest schon an mir fault und

Mich ins Andere umwälzt

Schrei


Wie du immer des Abends schreist
 

Was mir noch Angst und Freude macht

Wenn ich am Tisch sitze und in den Bildern ersticke

Schrei ins Nichts

Ins Weiß

Den Schrei den ich nicht schreien konnte

Weil ich immer immer reden musst

Schrei

Es wird mir die Grabesrede sein

Und mit mir die Grabesrede für eine ganze Welt

Das weiße Feld in dem wir beide versinken

Auch du wenn du rücklings liegst und

Auf deine Aufteilung wartest die paar Stunden

Danke

Meine Freundin

Dass du mich mit dir geteilt

Dass du einmal etwas aus mir gemacht hast

Mich zu Größerem erhoben

Mich in dich und dann aus dir

Herausgeschissen hast

Wie es sich gehört

Waldwerdend

Die Bilder getötet

Wenn du ausgeschrien hast

Und auch deine Stunde gekommen ist

Dann ist es endlich geschafft

Dann sind alle brennenden Nervenzellen

Abgelöscht.

Löschen

Lösen ohne ein ch

Ach.

Dann holt sich das Weiß das alles

Und dann ist eine Ruh.


// IST GUT


Warte auf nichts,

Nicht hoffen -

Häng dich in den Wind!

Falls er überhaupt weht

Fahre

Lege dein Pumpgerät auf 

Den Asphalt, lass es nur

Allein und wildern

Da liegen

Du bist unkenntlich

Das ist gut

Nur deine eigne Haut

Wirst du benennen können

Der Rest ist uralte 

Buchstaben und Umrisse, dir

Nicht zugehörig und doch

Dein Gebäude ist daraus.

Fahren Schlafen Aufwachen

Alles läuft in dich hinein

Es ist gut

Es ist von nicht enden wollender ausdauernder

Kürze, bist du allein?

ICH RIECHE SCHON DEN WALD 

DER ICH EINMAL SEIN MÖCHTE

Ich weiß von Nichts, streichle

Meinen Bauchnabel und rette mich

Nicht, dich nicht, niemanden,

Aus mir folgt nichts.

Es ist gut

Die Augen innenwärts fahre ich

Bei zweihundert Stundenkilometern

In noch ein halbes Jahrhundert

Waldwerden

Hoffentlich

Wird das ein guter Film

Manche haben Glück im Glück


// DEIN ATMEN


Dein Atmen

Auf und ab

Fremder im Untergrundzug

Dass ein weißes Shirt und blaue Jeans

So eindrücklich noch sind 2022

Dein weicher Atem

Auf und ab

Drei Sitzbänke entfernt

Unerkannt

Beruhigt mich wie

Kein Mutterherz

Du weißt nicht

Wie ich auf dich schau

Dein Aug hat meine Haut

Noch nicht erblickt

Fünf Meter vor deinem Telefon

Und wenn auch!

Dein Bauch auf und ab

Die andern Bäuche hier

Halb 1 am Montagmorgen

Alles Leben.

Es geht noch weiter

Auf jeden Fall bis zur Warschauer

Und dann -

Mein Atmen?


// IN DER VOGELPERSPEKTIVE


Ich bin im Traum -

Nun steht es fest!

Hinter mir ein Monster

Und über mir die Zeit.

Ich will ich will zu viel

Und weiß nicht mehr

Wie alt ich bin, wer

meine Eltern sind.

Alles in mir hat sich so

Zerschlagen. Und

Doch bin ich seit damals

Kirchturmgroß,

Ich merk's ja immer wieder.

Die Kleider hängen ausgewaschen

Von mir herab, die guten Teile -

Enthaucht liegt diese Ära hier.

Wie oft der Wald schon an mir und 

ich doch noch das Kind, das Feine

Engelchen,

Engelchen, flieg!

Winter is coming, they say.

Wir kommen uns nicht nahe,

You say.

Ich hab so Lust auch noch

Aufs Auferstehen und Gehen,

Doch gehen gehen und gehen - 

Mir kommt noch was dazwischen

Denk ich, bis zum Schluss,

So leb ich. Vielleicht

Bin ich nur eingezeichnet

In so ein Bild und soll

Nur einfach aus ihm schaun,

noch fünfzig Jahr. Die Angst,

Dass mir das letztlich dann

Zu still und stumm gewesen war.



// ALLES SPIEGELT!


Durch Reviere rasen

Immer im Stocken natürlich

In Stücken nach Hause kommen

Immer wieder auf ein Neues

Für ein Wenig Sich-Ausliefern,

Immer eine Rettung

Für einige Augenblicke lang.

Wie anders der Mensch ist

Im Gedränge, ich seh es ja!

Voller Hoffnung auf das Liegen

Das Essen, das Schlafen,

Die Ticktackuhr.

Wenn die Porta Westfalica

Nach ewigem Gestrauchel

Dann im Waldesrausch mit sich

Angibt, Hologramm der Reisenden.

Aber immer wieder die Türe schließen,

Los! Müssen!

Nie genug nie ankommen.

Zerfleischt werden, darüber weinen

Und wissen, dass das von Nöten ist.

Ich im Spiegel der Scheibe

Ich neben dir

Ich am Abschminktisch

Zwischen weißen Laken, allein

Und dann wieder sehr viel

Zusammen

Wohin führt ein Ankommen?

Rolle ich mich auf in der Bewegung?

Wie die Frau mich beschimpft hat,

Wie ich sie vor die Gleise werfen wollte,

Wie ich fünf Minuten später drüber lache.

Und in zwei Stunden bin ich wieder da

Und in sieben Tagen bin ich wieder da

Und denk mich wohin

Wohin?

Wenn man wüsste,

Wohin das alles führen mag.




// OST / KREUZ


Ich könnt mich gleich

Neben dir begraben lassen

Bei all dem Leid

Dass noch bevorsteht

Bei all dem Potenzial

Der Geliebten unter mir

Zu vergehn

Und ich darin

Unter zu gehn

Sich verlieben 

Und

Sich verlieren

Die beiden Worte unterscheidet

Nur ein einziger Buchstabe

Wie leben ohne dein Leben?

Und nur noch mit dem Bild

Von Dir?

Für das allein

Ich

Ich

Ich 

Verantwortlich bin.

Mich immer wach halten?

Lieben, ja!

Aber was für eine Zerstörungskraft

Hat das dann wieder?

Was bleibt 

Ist das immer das Leid?

Im letzten Moment

Vom letzten Moment?

Ich frag mich das

Mit Anfang dreißig

Denn jetzt fangen die Leute an, zu gehn.

Ich könnt mich gleich

Neben Dir begraben lassen.

Und einen Plan

Den guten Plan

Den hab ich einfach nicht.

// AUF BIRKEN


Wir kämpfen uns

Auf drei Zimmern aus

Mit Herzen fliehend und sich suchend

Herzen kleiner Jungen

Die sich einspieln wollen in

Ein Erwachsnenleben.

Der altvertraute Blick

Mehr als ein Jahrzehnt

Und jetzt das Aug sekundenweis

Eins, in dem ich mich

Schreckhaft frisch

Anders seh,

Mit flauem Magen.

Du räumst die Teller weg

Du schließt die Türe ab.

Sind wir ein Mann?

Das Zerren der Wanduhr

Als Hoffnung auf Seligkeit.

Jetzt müssen wir

Die wir uns 

Schon immer kennen

Neu zusammensetzen

Immer gemeinsam

In der alten Haut, die wir

So gerne tragen wollen.